„Mehr Europa ist die Lösung“

Goethe-Schüler diskutierten mit EU-Abgeordneten über Migrationspolitik

GGB Flüchtlingshilfe 2605Zum Abschluss der Europawoche diskutierten zwei Abgeordnete des Europäischen Parlaments, Lena Düpont (EVP) und Charles Goerens (Renew Europe), mit den Schülerinnen und Schülern der Oberstufe des Goethe-Gymnasiums Bensheim über die Migrations- und Asylpolitik der EU. „Mehr Europa ist die Lösung“, darüber waren sich die Konservative und der Liberale schnell einig.

Konkrete Einblicke in die Situation von Asylsuchenden lieferten der ehemalige Goethe-Schüler Kristian Prewitz und Alexander Gaus von der Hilfsorganisation Rigardu e.V. Sie berichteten von ihren Erfahrungen in Flüchtlingscamps in Griechenland und auf dem Balkan. Schulleiter Jürgen Mescher begrüßte ferner Delegationen von zwei Schulen aus Luxemburg als Gäste und bedankte sich bei dem deutschen und luxemburgischen Verbindungsbüro des Europäischen Parlaments, mit denen die Veranstaltung vorbereitet und umgesetzt wurde.

Goethe-Schüler kritisierten einleitend die Migrationspolitik der EU, der sie die Missachtung von Menschenrechten Geflüchteter vorhielten. Die Situation in den Camps sei unmenschlich, ebenso wie die Abschiebung von Menschen in Krisenstaaten. Die EU habe die Pflicht, das Leben von Menschen in Not zu schützen und ihnen ein faires Asylverfahren zu gewährleisten. Kristian Prewitz und Alexander Gaus unterstrichen diese Kritik, die ihrer Ansicht nach von zu wenigen Fraktionen im Europäischen Parlament wahrgenommen und berücksichtigt werde.

Parlament ohne Entscheidungskompetenz

Diesem Eindruck widersprachen beide Abgeordnete und verwiesen darauf, dass die Handlungsmöglichkeiten des Europäischen Parlaments bei diesem Thema begrenzt seien. Ohne die Regierungen der EU-Staaten könnten keine Verbesserungen und auch keine längerfristigen Lösungen in der Migrationspolitik gefunden und umgesetzt werden. „Wenn man keine Kompetenzen hat, kann man auch nichts entscheiden.“, erklärte Goerens. Tatsächlich würden einzelne Mitgliedsstaaten gemeinsame Regelungen blockieren und so dafür sorgen, dass die Probleme an den Grenzen und in den Aufnahmestaaten nicht gelöst, sondern verschärft würden. Eine solche Politik widerspreche dem Prinzip der europäischen Solidarität und müsse möglichst schnell beendet werden, auch weil sie europafeindlichen Strömungen und Parteien in der EU in die Karten spiele. Das Europäische Parlament strebe deshalb eine pragmatische Migrationspolitik an, die den Schutz der Menschenrechte garantiere und in den EU-Staaten umsetzbar und vermittelbar sei. Dabei werde bereits viel getan; dies reiche aber noch nicht aus, um die bestehenden Schwierigkeiten zu beenden. Die Konflikte, die sich seit 2015 in der EU entwickelt hätten, zeigten, dass es dringend eine gemeinsame europäische Migrations- und Asylpolitik brauche. „Mehr Europa!“ forderten deswegen sowohl Lena Düpont als auch Charles Goerens.

Rechtsbrüche an den Grenzen

Die Vertreter von Rigardu verwiesen dagegen auf die von ihnen dokumentierten Misshandlungen und rechtswidrigen Zurückweisungen, die sogenannten „Pushbacks“, an den europäischen Grenzen. Sie kritisierten, dass diese Rechtsbrüchen keine oder viel zu selten Konsequenzen hätten. Beide Europaabgeordneten betonten, dass es für solche Vorkommnisse keinerlei Rechtfertigung gebe. Das europäische und internationale Recht lege eindeutig fest, dass Menschen in Not gerettet werden müssten und die individuellen Rechte von Geflüchteten zu respektieren seien.

Diese Position wurde von den Schülerinnen und Schülern in der anschließenden Diskussion begrüßt. Es wurde aber auch die deutliche Erwartung formuliert, dass die EU Menschen auf der Flucht zuverlässig, schneller und besser helfen müsse. Illegale Pushbacks z. B. durch Frontex müssten ebenso ein Ende haben wie die katastrophale Situation in vielen Flüchtlingslagern an den Außengrenzen der EU. Nicht zuletzt solle die Integration von Geflüchteten in den EU-Staaten verbessert werden. Nach fast zwei Stunden dankte Moderator Jonathan Ponchon aus Luxemburg für eine Debatte, die noch lange nicht zu Ende ist.

Foto:
Hilfe für Geflüchtete: Rigardu e.V. stellt Duschkabinen auf.